“Seid wachsam”
Liebe Kolpinggeschwister!
Wieder sind wir am Beginn des neuen Kirchenjahres, des Advents, angekommen. Wenn wir auf das Evangelium des ersten Adventssonntages schauen, dann spricht Jesus davon, dass wir wachsam sein sollen.
Was ist damit gemeint? Wir haben wieder mal die Chance, dass wir in uns gehen, dass wir unsere Sinne schärfen, zu neuer Konzentration finden und damit ganz bei uns sein sollen.
Wachsam sein bedeutet aber auch, dass wir frisch, aufgeweckt, mit wachen Sinnen durch unsere Welt gehen, kurz gesagt: im Augenblick leben und nicht dem Vergangenem nachtrauern und auch kein unnötiges Sorgen um die Zukunft.
Wachsam sein bedeutet für mich auch, dass ich warten kann. Dazu habe ich eine Kurzgeschichte von Willi Hoffsümmer gefunden:
“Eine Geschichte aus China erzählt: Ein Mann hatte seinen kleinen Acker gut vorbereitet, gepflügt und gesät. Er wunderte sich nur nach ein paar Wochen, dass die Saat zu langsam aufging. Bei seinem Nachbarn sah er schon kräftigen grünen Wuchs! Von Tag zu Tag wurde seine Geduld geringer. Er konnte vor Sorge nicht mehr schlafen. Schließlich hatte er eine wahnwitzige Idee. Er lief zu seinem Feld und begann, kleine zarte Halme etwas in die Höhe zu ziehen. Das war natürlich eine mühsame Arbeit; aber schließlich war er fertig. Er traf unterwegs einen Nachbarn und sagte ihm, dass er seinem Korn beim Wachsen geholfen habe. Neugierig geworden, liefen sie zu seinem Feld und sahen alles zerstört und verwelkt. – und noch lange lachte man im Dorf über den Mann, der nicht warten konnte.”
W. Hoffsümmer, Kurzgeschichten, S. 14f
Nehmen wir diese Adventszeit zum Anlass, dass wir uns gut auf das Warten hin auf Weihnachten einstellen. Die Zeit ist uns allen vorgegeben, wir können sie nicht beschleunigen. Versuchen wir in dieser Zeit im Jetzt zu leben, dass wir trotz der Hektik und des Stresses Oasen der Ruhe und der Stille finden können, um zur Ruhe zu kommen. Sind wir auch wachsam, damit wir das Fest der Geburt Jesu Christi nicht verschlafen.
Dies wünsche ich Euch mit einem Treu Kolping
Euer Karl-Dieter Schmidt, Diözesanpräses